NSL Inos bei Agaporniden mit weißen Augenringen

                                                                            Agapornis spp.

P. Frenger (7998)

Herkunft

Das erste NSL lutino Erdbeerköpfchen (Agapornis lilianae) wurde bereits 1936, also vor mehr als 70 Jahren, in der Zucht des Herrn Prendergast, in der Nähe von Adelaide, Australien, geboren. Diese Mutante erwies sich als sehr anfällig in der Zucht, weshalb es auch einige Zeit dauerte diese Mutation einigermaßen zu sichern. Es gelang Herrn Prendergast also einen kleinen Stamm dieser Vögel aufzubauen wovon dann auch immer wieder einzelne Exemplare nach Europa exportiert werden konnten. Ob allerdings diese Importvögel erfolgreich zur Nachzucht schritten ist nicht bekannt. Es ist, aufgrund der Schwierigkeiten bei der Zucht, eher davon auszugehen, dass artenreine NSL Ino Agapornis lilianae damals in Europa ausgestorben sind.

Agapornis lilianae NSL Lutino

Lutinos:

Bei Agapornisarten (aber auch bei allen anderen Psittaciden) unterscheiden wir heute zwei verschiedene Lutino-Mutationen: Bei Agapornis roseicollis die SL Inos (Sex linked = geschlechtsgebunden) und bei den Arten der Agapornis personatus Gruppe (Agapornis mit weißen Augenringen) die NSL Inos (Non sex linked = nicht geschlechtsgebunden). Diese Lutinos unterscheiden sich nicht nur durch die unterschiedliche Art der Vererbung und durch die unterschiedliche Lage des Genortes, sondern auch durch unterschiedlichen Einflüsse, die diese Mutation auf die Eumelaninsynthese nimmt. Diese Unterschiede sollen jetzt kurz aufgezeigt werden:

 

SL Ino: Der Erbgang ist geschlechtsgebunden rezessiv. Das mutierte Gen liegt hierbei auf dem Geschlechtschromosom (Z-Chromosom). Die Veränderung in der Melaninsynthese ist darauf zurückzuführen, dass die genetische Veränderung die Eumelanineinlagerung fast unmöglich macht, weil das Protein MATP (membrane-associated transporter protein), das die Tyrosinase in die Zellen transportiert, weitestgehend funktionsunfähig ist (Tyrosinase wird im Vergleich zur Wildfarbe in 2,5facher Menge produziert. Man spricht deshalb von einem Tyrosinase positivem (TYR-pos) Albinismus). Da die Tyrosinase für die Synthese der Melaninpigmente verantwortlich ist kann in ihrer Abwesenheit kein Melanin mehr synthetisiert werden. Zudem sind die Premelanosomen (Vorläufer der eigentlichen Pigmentzellen), in welche die Melaninpigmente einlagern würden stark deformiert.

 

NSL Ino: Der Erbgang ist ausosomal rezessiv. Das mutierte Gen liegt hierbei auf einem der sonstigen Chromosomen (Autosomen). Die Veränderung in der Melaninsynthese ist darauf zurückzuführen, dass die genetische Veränderung die Melaninsynthese fast völlig unterbindet, weil das Enzym Tyrosinase weitgehend funktionsunfähig ist, und deshalb kaum noch Melanine synthetisiert werden können. (Es wird fast keine Tyrosinase mehr produziert. Man spricht deshalb von einem Tyrosinase negativem (TYR-neg) Albinismus) In die Federn werden dann ausschließlich gut entwickelte, leere Pigmentzellen eingelagert.

Agapornis fischeri NSL Lutino

Transmutation:

Wie oben bereits erwähnt liegt die Vermutung nahe, dass die artenreine NSL Ino Mutante des Erdbeerköpfchens in Europa unmittelbar nach den ersten Einfuhren aus Australien wieder ausgestorben sind, weil sich eine artenreine Zucht als sehr schwierig erwies und weil sich die NSL Ino Mutante des Erdbeerköpfchen als sehr heikel und nicht besonders vital herauskristallisierte. Um die Mutation zu festigen verpaarten damals verschiedene Züchter diese artenreine lutino Agapornis lilianae Mutante mit den nahe verwandten Arten: dem Schwarzköpfchen (Agapornis personatus) und dem Pfirsichköpchen (Agapornis fischeri). Da diese Mischlinge zu 100% fruchtbar sind wurde bereits 1940 von dem ersten NSL Ino Schwarzköpchen berichtet und 1942(3) das erste NSL Ino Pfirsichköpfchen vermeldet. Ob es sich bei den letzteren um eine spontan entstandene Mutation handelt, oder ob sie ebenfalls von lutino Erdbeerköpfchen abstammen ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Fest steht nur, dass unsere heutigen NSL Ino Mutanten der Agaporniden mit weißen Augenringen von der damaligen NSL Ino Agapornis personatus - Linie abstammen. Man hatte also eine Mutation des Erdbeerköpfchen auf eine nahe verwandte Art, dem Schwarzköpfchen, übertragen. Diesen Transfer nennen wir heute „Transmutation“. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Zucht der NSL Ino Mutation beim Schwarzköpfchen weniger schwierig war und dass die NSL Inos deutlich vitaler waren.

Agapornis personatusNSL Lutino

Schauwesen:

Nachdem sich unser Dachverband, die AZ, den Slogan „Arterhaltung durch Zucht“ auf die Fahnen geschrieben hatte wurden seinerzeit die Lutino Mutanten der Schwarzköpfchen (A. personatus), Pfirsichköpfchen (A. fischeri) und Rußköpfchen (A. nigrigenis) als Mischlinge aus dem Schauwesen der AZ-AGZ verbannt. Die deutschen Züchter konzentrierten sich fortan auf die Zucht artenreiner wildfarbiger Stämme dieser Arten, während die Züchter in unserem benachbarten Ausland, besonders in den Niederlanden und Belgien, eifrig damit beschäftigt waren die NSL Ino Mutation bei diesen Arten so zu verbessern, dass keine Mischlingsmerkmale mehr zu erkennen waren. Das hatte zur Folge, dass heute in Deutschland deutlich bessere wildfarbige Stämme der Agaporniden mit weißen Augenringen vorhanden sind als in unseren westlichen Nachbarländern. Dort wurden statt dessen die phänotypisch artenreinsten NSL Ino – Stämme gezüchtet. Vor diesem Hintergrund war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die AZ-AGZ hinsichtlich dieser Mutanten wieder öffnete und alle NSL Ino Mutanten bei A. personatus, A. fischeri, A. nigrigenis uns A. lilianae seit der Schausaison 2008 wieder im Schauwesen zuließ.

Agapornis nigrigenis NSL Lutino

 

Unterschiede und Mischlingsmerkmale:

Man kann sich sicher leicht vorstellen, dass nicht alle NSL Inos der einzelnen Agapornisarten mit weißen Augenringen perfekt und fehlerfrei sind. Weiterhin sind nicht alle Züchter dieser NSL Ino Mutanten sicher in der Unterscheidung und Zuordnung der einzelnen Arten. Auch viele Zuchtrichter, besonders jene, die sich nicht mit der Zucht von Agaporniden beschäftigen haben hier so ihre Schwierigkeiten. Deshalb sollen im Folgenden klar und deutlich die Unterschiede der einzelnen Arten aufgezeigt werden.

 

 

Veränderungen gegenüber der Wildfarbe bei A. lilianae


Die Bürzelfarbe des NSL Ino A. lilianae muss rein gelb sein, denn die Bürzelfarbe eines wildfarbigen Vogels ist rein grün. Die völlige Reduktion der Eumelanine verändert die Farbe grüner Gefiederpartien von grün nach gelb.


Die Schnabelfarbe des NSL Ino A. lilianae und des wildfarbigen muss absolut gleich sein. Sie ist rot und an der Schnabelbasis unpigmentiert hell Hornfarben.

Die Farbe, Form und Ausdehnung der Maske des NSL Ino A. lilianae und des Wildfarbigen muss ebenfalls absolut gleich sein. Da in der Maske eines wildfarbigen A. lilianae keine Melanine eingelagert werden, die bei der NSL Ino Mutante reduziert werden können muss die Farbe bei beiden orange-rot sein. Bei der Form der Maske ist besonders darauf zu achten, dass eine „Einschnitt“ im Halsbereich vorhanden ist, und dass sich das Orange-rot nicht zu weit auf den Hinterkopf/Nacken-Bereich ausdehnt.

 

 

Veränderungen gegenüber der Wildfarbe bei A. fischeri


Die Bürzelfarbe des NSL Ino A. fischeri muss rein weiß sein, denn die Bürzelfarbe eines wildfarbigen Vogels ist stahlblau violett überhaucht. Die völlige Reduktion der Eumelanine verändert die Farbe blauer Gefiederpartien, also die Bürzelfarbe der wildfarbenen A. fischeri, von blau nach weiß.


Die Schnabelfarbe des NSL Ino A. fischeri und des wildfarbigen muss absolut gleich sein. Sie ist rot bis zur Schnabelbasis.

Die Form und Ausdehnung der Maske des NSL Ino A. fischeri und des Wildfarbigen muss ebenfalls gleich sein. In der Maske eines wildfarbigen A. fischeri werden nur im oberen und hintern Bereich des Kopfes geringe Mengen an Melaninen über den orangeroten Psittacinen eingelagert (dadurch entsteht eine bräunliche Farbe). Wenn die Melanine bei der NSL Ino Mutante reduziert werden, muss die Farbe der Maske orange-rot werden. Bei der Form und Ausdehnung der orangeroten Maske ist besonders darauf zu achten, dass sie von vorne gesehen gleich dem wildfarbigen A. fischeri ist und vom Hinterkopf zum Nacken hin von orangerot in gelb übergeht. Die Halsseiten sind ebenfalls orangerot.

 

Veränderungen gegenüber der Wildfarbe bei A. nigrigenis


Die Bürzelfarbe des NSL Ino A. nigrigenis muss rein gelb sein, denn die Bürzelfarbe eines wildfarbigen Vogels ist rein grün. Die völlige Reduktion der Eumelanine verändert die Farbe grüner Gefiederpartien von grün nach gelb.


Die Schnabelfarbe des NSL Ino A. nigrigenis und des Wildfarbigen muss absolut gleich sein. Sie ist rot und an der Schnabelbasis unpigmentiert hell hornfaben.

Die Form und Ausdehnung der Maske des NSL Ino A. nigrigenis und des wildfarbigen muss ebenfalls gleich sein. In der Maske eines wildfarbigen A. nigrigenis werden im Kehlfleck ausschließlich orangerot Psittacine eingelagert, an Stirn und Oberkopf werden geringe Mengen an Melaninen über den orangeroten Psittacinen eingelagert (dadurch entsteht die rotbraune Farbe) und im Wangen- Kinnbereich werden größere Mengen an Melaninen über sehr wenig orangeroten Psittacinen eingelagert (hier ist die Farbe schwarz, daher auch der englische Name: Blackcheeked (=Schwarzwange) Lovebird). Wenn nun bei der NSL Ino Mutante die Melanine komplett reduziert werden, muss die Farbe beim NSL Ino A. nigrigenis im Bereich der Stirn, des Oberkopfes und der Kehle orange-rot sein. Im Wangen- Kinnbereich ändert sich die Farbe durch die Melaninreduktion nach blass orangerot mit weißlichem Anflug. Bei der Form und Ausdehnung der orangeroten Maske beim NSL Ino A. nigrigenis ist besonders darauf zu achten, dass sie der Ausdehnung der rotbraunen und schwarzen Maskenbereiche des wildfarbigen A. nigrigenis entsprechen. Der Kehlfleck hat die gleiche Ausdehnung und Form wie bei wildfarbigen A. nigrigenis. Hinterkopf, Nacken und Halsseiten müssen rein gelb sein.

 

Veränderungen gegenüber der Wildfarbe bei

A. personatus


Die Bürzelfarbe des NSL Ino A. personatus ist weiß, gelblich durchsetzt, denn die Bürzelfarbe eines wildfarbigen Vogels ist olivgrün violett überhaucht. Die völlige Reduktion der Eumelanine verändert die Farbe bläulicher Gefiederpartien, also die Bürzelfarbe der wildfarbenen A. personatus, von oliv mit violettem Überhauch nach weiß gelblich durchsetzt.


Die Schnabelfarbe des NSL Ino A. personatus und des Wildfarbigen muss absolut gleich sein. Sie ist rot bis zur Schnabelbasis.

Die Farbe, Form und Ausdehnung der Maske des NSL Ino A. personatus kann sich nur auf die beim wildfarbigen schwarze Kopffarbe beschränken, weil in der Maske eines wildfarbigen A. personatus außerhalb der schwarzen Kopffarbe keinerlei rote Psittacine erkennen lässt. Im schwarzen Kopfbereich werden größere Mengen an Melaninen über wenigen roten Psittacinen eingelagert. Würden in diesem Bereich größere Mengen an rotem Psittacin eingelagert dann hätte die Kopffarbe einen deutlich erkennbaren braunen Anflug. Der NSL Ino A. personatus hat mit Abstand die geringste Menge rotes Psittacin von allen NSL Ino Mutationen der Agapornis mit weißen Augenringen in seine Maske eingelagert. Bei der Form und Ausdehnung der blass roten Maske ist besonders darauf zu achten, dass sie die beim wildfarbigen A. personatus schwarze Kopfregion nicht überschreitet, dabei ist die direkte Schnabelumgebung deutlich weißlich überhaucht.

Unterschiede der Bürzelfärbung im direkten Vergleich


Bürzelfarbe A. lilianae                                       Bürzelfarbe A. fischeri

rein gelb                                                          rein weiß


              Bürzelfarbe A. nigrigenis                                      Bürzelfarbe A. personatus

                       rein gelb                                                       weiß gelb durchsetzt

Unterschiede der Schnabel- und Maskenfärbung im direkten Vergleich


            Schnabelfarbe A. lilianae                                     Schnabelfarbe A. fischeri

                rot, Basis hornfarbig                                                         rot

 

              Maskenfarbe A. lilianae                                      Maskenfarbe A. fischeri

                      orange-rot                                           orange-rot, geht am Hinterkopf von

                                                                                    orangerot in gelb übergehend


              Schnabelfarbe A. nigrigenis                               Schnabelfarbe A. personatus

                   rot, Basis hornfarbig                                                       rot

 

              Maskenfarbe A. nigrigenis                                  Maskenfarbe A. personatus

            orange-rot, weißliche Wangen                                 sehr blass rot, weißliche

                                                                                         Schnabelumgebung

 

Wichtige Zeichnungsunterschiede (Merkmale) bei NSL Lutinos

 

 

Bürzelfarbe

  

Schnabelfarbe

  

Maskenfarbe

  

A. fischeri

 rein weiß

rot, bis zur Basis 

orange-rot, geht am Hinterkopf von orange-rot in gelb über

 

A. personatus

 weiß, gelb durchsetzt

 

rot, bis zur Basis 

 

sehr blass rot, weißliche Schnabelumgebung

  

A. lilianae

rein gelb 

rot, Basis hornfarbig

orange-rot 

 

A. nigrigenis

 rein gelb

rot, Basis hornfarbig

orange-rot, weißliche Wangen

Anmerkung: Wie wir alle wissen ist die NSL-Ino Mutation ursprünglich in Australien beim A. lilianae entstanden und durch Transmutation auf die anderen Agapornisarten mit weißen Augenringen übertragen worden. Es ist deshalb sehr wichtig, dass die oben angeführten Merkmale vorhanden sind.

 

 

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