Eine neue Mutation beim Pfirsichköpfchen: Euwing    

Agapornis fischeri

P. Frenger (7998)

Entstehungs-Bericht von Piet Verhijde

 

Seit 35 Jahren züchte ich Vögel, hauptsächlich Krummschnäbel. Angefangen habe ich mit Wellensittichen und Nymphensittichen. Die letzten 15 Jahre züchte ich nur noch Agapornis fischeri. Das Ziel dieser Spezialisierung war es auch, die Qualität zu verbessern um dadurch auf Ausstellungen besser abzuschneiden. Ich züchte insgesamt mit 12 bis 15 Paaren in verschiedenen Farbschlägen.

A. fischeri EF euwing

Die Zucht 2004

Seit 2004 versuche ich Lutinos zu züchten und hatte deswegen einen hellgrünen Hahn mit einer lutino Henne verpaart um spalterbige zu züchten um so die Qualität zu verbessern. In der ersten Brut hatte ich nur hellgrüne, die alle spalterbig in lutino waren, was auch zu erwarten war. In der zweiten Brut war bei einem Vogel ein deutlicher Farbunterschied zu erkennen. Beim durchbrechen der ersten Federkiele auf dem Rücken war eine olivähnliche Farbe zu erkennen. Das war sehr ungewöhnlich, weil bei den Ausgangsvögeln keine Dunkelfaktoren vorhanden waren, es sei denn, die Henne hätte einen Dunkelfaktor getragen, was aber bei Lutinos nicht zu sehen ist. Je älter der Jungvogel im Nistkasten wurde, desto fremder sah die Farbe aus. Die Bauchfarbe war senfgelb und nicht hellgrün und das Rückendeckgefieder war olivgrün.

 

Sobald der Jungvogel den Nistkasten verlassen hatte wurden Bilder gemacht und per E-Mail an mehrere bekannte Züchter geschickt, um heraus zu finden um welche Farbe es sich hierbei handelt.

Die Reaktionen wahren sehr unterschiedlich: Von, die Farbe wird wieder normal, bis es wird sehr interessant werden hiermit weiter zu züchten. Die Farbe änderte sich nicht und deshalb habe mit der Henne weiter gezüchtet. Inzwischen hatte ich Dirk van Abeele informiert, eine sehr sachkundige Person bezüglich Mutationen der verschiedene Agapornisarten. Er fand diese Mutation sehr interessant und wollte sie sofort im sein Buch: ‘’Agaporniden und seine Mutationen “ aufnehmen. Diese Mutation wurde mit Bild als eine wahrscheinlich neue Mutation vorgestellt, was allerdings noch untersucht werden musste.

 

Diese Untersuchung habe ich unterstützt und mehrere Federn zu MUTAVI geschickt. Bis ein offizieller Name gefunden wurde hat es allerdings noch längere Zeit gedauert.

 

Die Zucht 2005

Nachdem das Buch erschienen war, habe ein E-Mail aus Portugal bekommen, ob ich diese Mutation verkaufen wollte. Aber als Liebhaber möchte ich erst selbst einmal versuchen die Möglichkeiten dieser Mutation zu erforschen. Diese Henne habe ich im folgenden Jahr (2005) mit einem hellgrünen Hahn verpaart. Aus dieser Verpaarung sind acht Junge geschlüpft wovon fünf hellgrün und drei Mutanten waren. Die Mutanten waren alles Hähne. Demnach handelt es sich wahrscheinlich hierbei um eine dominant vererbende Mutation. Obwohl der Portugiese mir immer wieder E-Mails geschickt hat habe ich immer nein gesagt.

A. fischeri EF euwing

Die Zucht 2006

Mit der ersten Henne hatte ich dann vier Mutanten. Diese habe ich in 2006 wie folgt verpaart: Die alte Henne mit einem ihrer Söhne und von den beiden anderen Hähnen einer mit einer dunkelblauen Henne und den anderen mit einer hellblauen EF violetten Henne. Hieraus züchtete ich in 2006 10 junge Mutanten, wovon 2 doppelfaktorig waren. Das ist äußerlich sehr gut zu erkennen, weil der Rücken jetzt ganz oliv gefärbt ist und die Bauchfarbe noch heller senfgelb war, ohne grünen Schleier. Neben diesen beiden habe ich jetzt auch Mutanten die spalterbig in blau sind und mehrere grünviolettfaktorige.

Nachdem ich erneut mehrere E-Mails von diesem Portugiesen erhalten habe, habe ich ihm zugesagt, dass er eventuell 8 Mutanten kaufen könne. Er antwortete, dass er gerne 6 Vögel kaufen würde, die er dann auch sehr schnell abgeholt hat. Die beiden anderen sind zu einem Liebhaber in Süd-Holland gegangen.

 

Die Zucht 2007

Ich selbst habe die erste Henne, die drei ersten Hähne, einen doppelfaktorigen Hahn und einen grünviolettfaktorigen Hahn behalten.

Die drei bewährten Paare blieben zusammen, den doppelfaktorigen Hahn verpaarte ich mit einer hellgrünen Henne und den grünviolettfaktorigen mit einer dunkelblauen Henne. Mit dieser Zusammenstellung habe ich 2007 abgefangen und war voller Hoffnung.

Das Glück war wiederum auf meiner Seite, denn ich habe wieder verschiedene Mutanten auf die Stange bekommen, wobei sich der doppelfaktorige wirklich als doppelfaktorig erwies, denn alle Nachkommen von diesem Vogel waren EF. Aus dem grünviolettfaktorigen Hahn züchtete ich in der ersten Brut 2 EF Mutanten, einen normalen EF violetten und einen hellblauen.

 

Beschreibung der EF Mutante:

 

Maske / Stirn                   Orange

Oberkopf                         Bronzegrün

Rücken                            Dreieckig Olivgrün über die Flügel hellgrün auslaufend

Bürzelfarbe                     Dunkelblau mit gräulichem Schleier

Augen                             Schwarz

Krallen                            Dunkelfarbig

Beine                               Fleischfarbig / grau

Bauchfarbe                      Senfgelb mit grünem Anflug, der aber zwischen den Beinen stärker

                                        wird

A. fischeri DF euwing

Beschreibung DF Mutante:

 

Dunkeler Olivgrüner Rücken mit einem mauvefarbigen Bürzel

Die Bauchfarbe ist ganz senfgelb ohne grünen Anflug.

 

Dies ist ein wunderbares Erlebnis wovon jeder Züchter schon einmal geträumt hat, und ich bin einer dieser wenigen Glücklichen denen das gelungen ist, obwohl das beim jedem geschehen kann. Es ist und bleibt eine wunderschönes Hobby: Die Vogelzucht!!!

 

Piet Verhijde (E-Mail: ptverhijde@zonnet.nl)

Übersetzt von P. Schrömbges und P. Frenger

 

Anmerkung P. Frenger (AZ-AGZ Farben/Genetik):

 

Zwischenzeitlich wurden die Untersuchungen bei MUTAVI abgeschlossen und man kam zu folgendem Ergebnis:

 

Erbgang:

Wie aus dem obigen Zuchtbericht hervorgeht handelt es sich um eine autosomal dominant intermediäre Vererbung.

 

Veränderung gegenüber der Wildfarbe:

Die Bauchfarbe wird deutlich heller, bei EF Vögeln senfgelb, mit leicht grünlichem Anflug, bei DF Vögeln rein senfgelb. Die Rückenfarbe wird deutlich dunkler, bei EF Vögeln ist ein olivfarbiges Dreieck zwischen den Flügeln zu erkennen, bei DF Vögeln ist die Rückenpartie fast komplett olivgrün.

 

Vergleich der Rückenfarbe

links: DF euwing grün, rechts: wildfarbe

Internationale Bezeichnung:

Anfangs ist man davon ausgegangen, dass es sich um eine Clearbody-Mutation handeln könnte. Dieser Mutationstyp war bisher bei Wellensittichen bekannt. Mutationsbedingt verändert sich hier das innere der Feder so, dass der Federkern, also die Zone, in der die Hintergrund-Melanine eingelagert werden, und die Strukturzellenschicht völlig verschwinden. Erste Federuntersuchungen zeigten jedoch, dass diese Theorie verworfen werden musste. Er war nämlich vielmehr so, dass im Bauchbereich die Melanine reduziert wurden und gleichzeitig im Rückenbereich zusätzlich eingelagert wurden. Da dieser Mutationstyp bei Psittaciden bisher völlig unbekannt war stellte man sich weiterhin die Frage, welche Mutation es denn nun sei. Man durchsuchte bestehende Literaturquellen nach Ähnlichkeiten der Veränderung bei anderen Tierarten, blieb jedoch bei allen Recherchen erfolglos. Da aber keine vergleichbare Mutation bei bei anderen Vogel- und Tierarten, vorlag musste ein neuer Name der die wesentliche Veränderung beschreibt gefunden werden. Zuerst dachte man an “darkwing”, musste die Bezeichnung allerdings auch wieder verwerfen, weil diese Bezeichnung bereits für eine Mutation bei Wellensittichen gebräuchlich ist. Schließlich legte man sich auf die Bezeichnung Euwing fest. Euwing ist abgeleitet von der englischen Übersetzung für: Eumelanin Zunahme in den Flügeln (EUmelanine increase in the WINGs).

In Kombination mit der Wildfarbe sprich man dann von euwing grün und die Kombination mit blau nennt man euwing blau usw. Das genetische Symbol ist: Ew.

Weitere Untersuchungen sind dahin ausgerichtet, dass es sich möglicherweise um ein Allel des Genortes für melanistische Mutationen handeln könnte. Doch das ist nur eine Vermutung und die Zukunft wir hoffentlich neue Erkenntnisse bringen.

Vergleich der Bauchfarbe

links: DF euwing grün, rechts: wildfarbe

Hier einige Verpaarungsmöglichkeiten: (beim frei dominant intermediären Erbgang wird auf die Nennung der Geschlechter verzichtet, da sie im Idealfall 50 – 50 ausfallen wird.)

 

grün     X grün

100% grün

 

EF euwing grün          X grün

50% grün

50% EF euwing grün

 

DF euwing grün         X grün

100% EF euwing grün

 

EF euwing grün          X EF euwing grün

25% grün

50% EF euwing grün

25% DF euwing grün

 

EF euwing grün          X DF euwing grün

50% EF euwing grün

50% DF euwing grün

 

DF euwing grün         X DF euwing grün

100% DF euwing grün

 

Erklärung:

EF = einfaktorig

DF = doppelfaktorig

 

Literatur:

 

Zeitschrift der Belgischen Vereinigung für Agaporniden (BVA), Juni 2007; Seiten: 94 bis 95

 

Fotos:   © Dirk Van den Abeele

 

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AZ Euwing A. fischeri.pdf
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