Was ist ein "multiples Allel"?
Es gibt nicht nur bei den Psittaciden die Besonderheit:, dass aus der Verpaarung zweier scheinbar voneinander unabhängiger Mutationen plötzlich Zwischenfarben entstehen, bzw. dass eine dieser Mutationen dominant über die andere vererbt. Wie dies im Einzelnen zu erklären ist soll dieser Abschnitt verdeutlichen.
Ein eindrucksvolles Beispiel für solch eine Verpaarung gibt es bei den Agapornis fischeri wenn die NSL Ino-Mutation (rez. Lutino) mit der Pastell-Mutation verpaart wird. Eigentlich sollte man annehmen, dass aus der Verpaarung zweier unterschiedlicher Mutationen nur doppelspalterbige, grüne Vögel gezüchtet werden. Bei dieser Verpaarung ist dies allerdings nicht der Fall. Aus dieser Verpaarung schlüpfen nämlich ausschließlich Jungvögel, die farblich zwischen den beiden Ausgangsmutationen liegen. Sie sind dunkler als die NSL-Ino-Mutation, aber heller als die Pastell-Mutation.
Die Erklärung: Man muss sich vorstellen, dass diese Gene manchmal recht komplexe und relativ große DNA Stränge sein können. Schon eine geringe Veränderung an diesem Allel kann eine bestimmte Farbmutation auslösen, die wir in unserem Fall als Pastell-Mutation bezeichnen. Wird jetzt jedoch das gleiche Allel deutlich umfangreicher verändert, kann, wie in unserem Fall, eine phänotypisch ganz andere Mutation entstehen, die NSL-Ino-Mutation. Mit anderen Worten: Das gleiche Allel ist auf zwei unterschiedliche Arten mutiert. Treffen jetzt die beiden unterschiedlich mutierten Allele in einem Vogel zusammen, so entsteht immer ein phänotypisch nicht wildfarbiger Vogel, der farblich zwischen den beiden Ausgangsmutationen liegt. Es gibt demnach auch keine Vögel die spalterbig in beiden Mutationen gleichzeitig sind. Dies liegt daran, dass beide Allele in unterschiedlichem Maße Einfluss auf den gleichen Farbmechanismus beim Vogel nehmen. Unterschiedlich mutierte zueinander gehörige Gene nennt man auch multiple Allele. Die Stellen, auf den Chromosomen, die multiple Allele bilden nennt man auch Genort. Das Phänomen der multiplen Allele ist sowohl beim frei rezessiven als auch beim geschlechtsgebunden rezessiven Erbgang bekannt.
Die frei Rezessive Vererbung von multiplen Allelen am Beispiel des Genortes NSL-Ino (rez. Lutino):
Wildfarbig / ino X Wildfarbig / pastell
25% Wildfarbig
25% Wildfarbig / pastell
25% Wildfarbig / nsl ino
25% PastellIno
NSL Ino X Wildfarbig/ pastell
50% Wildfarbig / nsl ino
50% PastellIno
PastellIno X Wildfarbig / pastell
25% Wildfarbig / ino
25% Wildfarbig / pastell
25% Pastell
25% PastellIno
Wildfarbig / ino X Pastell
50% Wildfarbig / pastell
50% PastellIno
NSL Ino X Pastell
100% PastellIno
PastellIno X Pastell
50% Pastell
50% PastellIno
PastellIno X PastellIno
25% NSL Ino
50% PastellIno
25% Pastell
Erklärung:
NSL Ino = (NSL = Non-Sex-Linked = nicht geschlechtsgebunden) rezessiver Lutino
PastellIno = Kombination der beiden unterschiedlich mutierten Allele Pastell und NSL Ino.
Die Schreibweise: Pastell und Ino werden zusammen geschrieben, ohne Leerzeichen.
Die geschlechtsgebunden Rezessive Vererbung von multiplen Allelen am Beispiel des Genortes SL-Ino (geschlechtgeb. Lutino):
1,0 Wildfarbig / lutino X 0,1 Pallid
25% 1,0 PallidIno
25% 1,0 Wildfarbig / pallid
25% 0,1 Wildfarbig
25% 0,1 SL Ino
1,0 Wildfarbig / pallid X 0,1 Lutino
25% 1,0 PallidIno
25% 1,0 Wildfarbig / sl ino
25% 0,1 Wildfarbig
25% 0,1 Pallid
1,0 Pallid X 0,1 Lutino
50% 1,0 PallidIno
50% 0,1 Pallid
1,0 Lutino X 0,1 Pallid
50% 1,0 PallidIno
50% 0,1 SL Ino
1,0 PallidIno X 0,1 Pallid
25% 1,0 PallidIno
25% 1,0 Pallid
25% 0,1 Pallid
25% 0,1 SL Ino
1,0 PallidIno X 0,1 Lutino
25% 1,0 PallidIno
25% 1,0 SL Ino
25% 0,1 Pallid
25% 0,1 SL Ino
1,0 PallidIno X 0,1 Wildfarbe
25% 1,0 Wildfarbig / sl ino
25% 1,0 Wildfarbig / pallid
25% 0,1 Pallid
25% 0,1 SL Ino
Erklärung:
SL Ino = (SL = Sex-Linked = geschlechtsgebunden) geschlechtsgebundener Lutino
PallidIno = Kombination der beiden unterschiedlich mutierten Allele Pallid und SL Ino.
Die Schreibweise: Pallid und Ino werden zusammen geschrieben, ohne Leerzeichen.