Eine Lutino Mutante beim Goldkappensittich

                                                                          Aratinga auricapilla aurifrons

P. Frenger (7998)

Herkunft:

Der NiederRheinPark Plantaria, in Kevelaer-Twiststeden, beherbergte seit 1998 ein Zuchtpaar wildfarbene Goldkappensittiche, das jedes Jahr erfolgreich zur Brut schritt. Im Jahre 2006 wurde wieder zwei wildfarbige Jungtiere erbrütet. Leider verstarb das Zuchtweibchen kurz darauf und man beließ die beiden wildfarbenen Jungvögel bei dem verbliebenen Zuchthahn. Da die beiden Jungtiere nicht auf ihr Geschlecht hin untersucht wurden, hoffte man darauf, dass einer der beiden ein Weibchen war, das sich dann mit dem erprobten Zuchthahn anpaaren sollte. So verging das Jahr 2007 ohne nennenswerte Ereignisse. Im folgenden Jahr (2008) sollten sich die Ereignisse dann allerdings überschlagen. Am 14. April 2008 wurde nämlich das erste von 4 Eiern im Nistkasten entdeckt. Man konnte zu diesem Zeitpunkt allerdings mit Sicherheit nur davon ausgehen, dass einer der beiden wildfarbenen Jungvögel aus 2006 ein Weibchen war. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass zwei Eier dieses Geleges befruchtet waren. Die Brut verlief im weiteren problemlos, so dass am 9. Mai 2008 zwei Küken schlüpften, die auch einwandfrei aufgezogen wurden. Am 6. Juli 2008 verließen dann die beiden Jungtiere den Nistkasten. Allerdings, und das ist bemerkenswert, waren es keine wildfarbigen, grünen Vögel, sondern beide Jungvögel waren rotäugig und hatten ein rein gelbes Gefieder, dass nur von ein paar roten Abzeichen unterbrochen wurde.

Goldkappensittich Lutino

Die richtige Mutationsbezeichnung:

Wie rein optisch schon zu erkennen ist handelt es sich bei dieser neuen Mutante um eine Lutino-Mutation. Allerdings werden im Sinne der internationalen Namensgebung gewisse Unterschiede gemacht, die bei rotäugigen, rein gelben Vögeln auch den Erbgang mit im Namen berücksichtigen. Deshalb musste zunächst der Erbgang exakt ergründet werden. Man unterscheidet nämlich SL - Ino und NSL - Inos. SL ist ein Kürzel, ist international (englisch) gebräuchlich und heißt: sexlinked, was übersetzt soviel bedeutet wie geschlechtsgebunden. NSL (non sexlinked) heißt übersetzt nicht geschlechtsgebunden. Das Kürzel gibt also eigentlich nur Auskunft darüber ob das mutierte Allel auf dem Geschlechtschromosom oder auf einem der sonstigen Chromosomen (Autosomen) liegt.

Der Wissensstand über den Erbgang dieser Mutante unmittelbar nach dem Ausfliegen war folgender: Bekannt war zu diesem Zeitpunkt das der alte Zuchthahn männlich ist, und dass einer seiner Nachkommen weiblich ist. Das Geschlecht des zweiten Nachkommen sowie die Geschlechter der Lutino-Jungvögel waren unbekannt. Es war sogar unbekannt wer der Vater dieser neuen Mutante war. Denn theoretisch gab es folgende Möglichkeiten:

Theorie 1: Vorausgesetzt, der alte Zuchthahn wäre der Vater der Lutino-Jungvögel und er wäre spalterbig in SL - Ino. Das würde bedeuten, dass die neue Mutante geschlechtsgebunden rezessiv vererbt und die beiden Lutino-Nachkommen müssten weiblich sein. Vor dem Hintergrund, dass dieser alte Zuchthahn allerdings in fast zehn Jahren zuvor keinen einzigen Lutino hervorgebracht hatte scheint diese Theorie jedoch recht unwahrscheinlich.

Theorie 2: Angenommen, der zweite wildfarbige Jungvogel aus 2006 wäre männlich und er wäre der Vater der beiden Jung-Lutinos. Dann bestünde die Möglichkeit, dass bei diesem Vogel das Geschlechtschromosom mutiert ist und dadurch ein SL - Ino Allel aufweist. Dann müssten die beiden Lutinos allerdings auch weiblichen Geschlechts sein.

Theorie 3: Wenn man annimmt der alte Zuchthahn sei spalterbig in NSL - Ino und er hat dieses mutierte Allel an seine Tochter aus 2006, bzw. an beide wildfarbigen Nachkommen aus 2006 weitervererbt, denn die NLS - Ino Mutation vererbt frei rezessiv. Genetisch wäre der zweite wildfarbige Jungvogel aus 2006, wenn er männlich ist, dann gleich seinem Vater, dem alten Zuchthahn. Wenn einer der Lutino-Nachkommen männlich ist, wäre das ein Beweis das es sich um eine NSL - Ino-Mutation handelt.

Theorie 4: Vorausgesetzt, die alte, verstorbene Zuchthenne war spalterbig in NSL - Ino und sie hat dieses mutierte Allel an beide wildfarbigen Nachkommen aus 2006 weitervererbt und die 2006er Nachzucht sind die Eltern der Lutinos, dann handelt es sich sicher um die NLS - Ino Mutation. Ein Beweis dafür wäre, dass einer der Lutino-Nachkommen männlich ist.

 

Eventuell konnte deshalb nur eine DNA-Analyse Klarheit bringen, die die Geschlechter der Jungvögel aus 2006 und 2008 bestimmt. Das Ergebnis war folgendes: Der unbekannte Jungvogel aus 2006 ist ein Hahn und die beiden jungen Lutinos aus 2008 sind beide weiblich. Dieses Ergebnis ist natürlich bezüglich der Ermittlung des Erbgangs wenig aussagekräftig, denn darauf ist jede der oben angeführten Theorien anwendbar, zumal der tatsächliche Vater der beiden Lutinos noch nicht ermittelt werden konnte.

 

Um den exakten Erbgang zu bestimmen sind deshalb noch einige Kontrollverpaarungen nötig. Denn erst dann kann diese Mutation exakt in die internationale Namensgebung eingegliedert werden. Über diese Verpaarungen und deren Ergebnisse werden wir natürlich genauestens vom NiederRheinPark Plantaria informiert. Weitere Erkenntnisse werden wir dann zu gegebener Zeit an dieser Stelle bekannt geben.

Goldkappensittich Lutino

Abschließend raten wir dem NiederRheinPark Plantaria die beiden jungen Lutinoweibchen mit unverwandten wildfarbigen Hähnen zu verpaaren, um zumindest die genetische Veränderung zu festigen. Ein weiterer sehr wichtiger Schritt, wäre, herauszufinden, wer tatsächlich der Vater dieser beiden Lutinos ist. Wir wünschen dem NiederRheinPark Plantaria weiterhin viel Glück und gute Zuchterfolge mit dieser doch recht ansehnlichen und interessanten Mutation.

 

Bei neuen oder unbekannten Mutationen stehen wir Ihnen natürlich gerne mit Rat und Tat zur Verfügung: AZ-AGZ-Farben/Genetik.     E-mail: frengerpeter@aol.com

 

Fotos: © NiederRheinPark Plantaria

Goldkappensittiche Lutino

 

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