Ist der "Lacewing" Halsbandsittich wirklich ein Lacewing

 

P. Frenger (7998)

Lacewing!! Diese Bezeichnung für einen Farbschlag aus der Mutationszucht wurde ursprünglich von englischen Wellensittichzüchtern geprägt. Genetisch sind echte Lacewings gleich zu setzen mit Zimt-Inos und stammen aus Verpaarungen bei denen durch Crossing-over die Gene für Zimt und Ino auf einem Chromosom vereinigt wurden. Die Wahrscheinlichkeit, das dieses Crossing-over abläuft beträgt nur etwa 3%. Das liegt daran, das die beiden Genorte, die für Zimt und Ino auf dem Chromosom sehr dicht zusammen liegen. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb sehr gering, dass das Chromosom ausgerechnete zwischen den beiden Genorten zerbricht um mit dem entsprechenden Gegenstück seines Chromosomenpaares zu verschmelzen bzw. zu koppeln. Sei es drum, allgemein hat sich die Bezeichnung Lacewing für eine Kombination aus Zimt und Ino, dem Zimt-Ino, eingebürgert.

0,1 Halsbandsittich Pallid grün

Da der Halsbandsittich bereits geschlechtsgebunden rezessiv vererbende Zimt und Ino Mutationen hervorgebracht hat, besteht natürlich auch bei dieser Papageienart die Möglichkeit, dass irgend ein Züchter es einmal geschafft hat durch die entsprechende Verpaarung das Ino - Gen an das Zimt - Gen zu koppeln und so einen echten Lacewing züchten konnte.

 

Abgesehen von der Möglichkeit dass das Zimt- und das Ino-Gen durch Crossing-over wieder entkoppelt wird verhält sich die Kombination genetisch ähnlich wie Zimt oder Ino. Verpaart man jedoch Lacewing mit Zimt oder Ino erhält man spezifische Ergebnisse die nur ein echter Lacewing aus Verpaarungen mit Zimt oder Ino hervorbringen kann.

Die Verpaarungsergebnisse aus Zimt bzw. Ino mit Lacewing:

 

1,0 Ino   X     0,1 Zimt-Ino (=Lacewing)

 

50% 1,0 Ino / zimt (= / lacew.)

Phänotypisch: Ino

 

50% 0,1 Ino

 

 

1,0 Zimt   X   0,1 Zimt-Ino (=Lacewing)

 

50% 1,0 Zimt / ino (= / lacew.)

Phänotypisch: Zimt

 

50% 0,1 Zimt

 

1,0 Zimt-Ino (=Lacewing)   X   0,1 Ino

 

50% 1,0 Ino / zimt (= / lacew.)

Phänotypisch: Ino

 

50% 0,1 Zimt-Ino (=Lacewing)

 

 

1,0 Zimt-Ino (=Lacewing)   X   0,1 Zimt

 

50% 1,0 Zimt / ino (= / lacew.)

Phänotypisch: Zimt

 

50% 0,1 Zimt-Ino (=Lacewing)

 

  

Um den Nachweis zu führen ob der "Lacewing" beim Halsbandsittich ein echter Lacewing ist kann man die oben angeführten Verpaarungen mit Halsbandsittichen durchführen.

1,0 Halsbandsittich Pallid blau

Die Verpaarungsergebnisse mit den Halsbandsittichen sehen folgendermaßen aus:

 

1,0 Ino   X     0,1 "Lacewing"

 

50% 1,0 Ino-"Lacewing"

 

50% 0,1 Ino

 

 

1,0 Zimt   X   0,1 "Lacewing"

 

            50% 1,0 Wildf. / zimt + "lacewing"

 

50% 0,1 Zimt

 

1,0 "Lacewing" X   0,1 Ino

 

50% 1,0 Ino-"Lacewing"

Phänotypisch: heller als der Vater

 

50%Ino. 0,1 "Lacewing"

 

  

1,0 "Lacewing" X   0,1 Zimt

 

50% 1,0 Wildf. / zimt + "lacewing"

 

50% 0,1 "Lacewing"

 

 Die Kontrollverpaarungen sprechen für sich. Definitiv ist der sogenannte "Lacewing" Halsbandsittich kein echter Lacewing, also kein Zimt-Ino.

0,1 Halsbandsittich Pallid blau

Jetzt liegt natürlich die Frage nahe: Was ist denn dann der sogenannte "Lacewing" Halsbandsittich?

 

Einfach erklärt: Der Lacewing Halsbandsittich ist ein Abkömmling des Lutino Halsbandsittichs. Wieso ein Abkömmling vom Lutino? Ein X-Chromosom ist in diverse Abschnitte, die sogenannten Gene aufgeteilt. Eines dieser Gene, also ein bestimmter Abschnitt des X-Chromosoms steuert die Produktion der Melanine. Bei der Lutino-Mutation ist dieses Gen, also der besagte Chromosomenteil ganz verändert, so dass der Mutationsvogel keine Melanine mehr produzieren kann. Bei der sogenannten "Lacewing" Mutation ist nur ein geringer Teil diesen Gens verändert. Der Mutationsvogel kann deshalb noch eine gewisse Menge an Melaninen produzieren. Diese genetische Variante nennt man Multiple Allelie, was soviel sagen will, als dass das gleiche Gen auf zwei verschiedene Arten mutiert ist. In internationalen Fachkreisen wird dieser Farbschlag als "Pallid" bezeichnet.

 

Bei den oben angeführten Verpaarungen sind alle zu erwartenden männlichen Nachkommen aus Ino und sogenannten "Lacewings" gleich gefärbt und werden heute als sogenannte "Ino-Lacewings" bezeichnet. Früher wurde dieser Farbschlag "Zimt-Gelbkopf" genannt. Diese Vögel liegen farblich zwischen der Färbung der Inos und der der sogenannten "Lacewings".

1,0 Halsbandsittich Pallid türkis

Was ist ein "Ino-Lacewing"?

 

Tatsächlich handelt es sich beim sogenannten "Ino-Lacewing", im gewissen Sinne um eine Kombination der beiden Primärmutationen Ino und sogenannte "Lacewing". Auf dem Chromosomenpaar sitzen jeweils auf dem gleichen Chromosomenabschnitt (Genort) zwei unterschiedlich veränderte Gene die ein Alleel (Genpaar) bilden. Das Gen auf dem einen Chromosom unterbindet die Melaninproduktion ganz (Ino - Gen) und das Gen auf dem anderen Chromosom lässt eine gewisse Melaninproduktion zu (sogenannte "Lacewing" - Gen). Phänotypisch entsteht daraus ein Farbschlag der zwischen den beiden Ausgangsfarben also zwischen Ino und sogenannten "Lacewings" liegt. Diesen Farbschlag bezeichnet man als sogenannte "Ino-Lacewings". Da wir uns jedoch in einem geschlechtsgebunden - rezessiven Erbgang befinden kann es nur männliche Vögel in diesen Farbschlag geben, denn nur diese haben zwei X-Chromosomen und somit ein echtes Chromosomenpaar. Weibchen, die nur ein X-Chromosom besitzen, gibt es ausschließlich als Lutino oder als sogenannte "Lacewings", jedoch niemals als sogenannte "Ino-Lacewings".

 

Ich schlage deshalb vor, die sogenannten "Lacewings", wie international bereits geschehen, als Pallid zu bezeichnen. Zum einen wird dadurch der Name für eine echte Zimt-Ino Mutation, (also einen echten Lacewing) die vielleicht irgendwann einmal erzüchtet werden wird, freigehalten und zum anderen würden wir uns einer bereits bestehenden internationalen Namensgebung anschließen.

1,0 Halsbandsittich PallidIno grün

Zur besseren Verständnis hier abschließend noch ein paar Vererbungsbeispiele bei denen ich bereits "Lacewing" durch Pallid ersetzt habe:

0,1

Wildfarbe 

Ino

Pallid

1,0

X ino+ Y

X ino  Y

X ino pd  Y

 

 

 

 

 

 

 

Wildfarbe

50%

1,0 Wildfarbe

50%

1,0 / Ino

50%

1,0 / Pallid

X ino+ X ino+

50%

0,1 Wildfarbe

50%

0,1 Wildfarbe

50%

0,1 Wildfarbe

 

 

 

 

 

 

 

 

25%

1,0 Wildfarbe

25%

1,0 / Ino

25%

1,0 / Pallid

/ Ino

25%

1,0 / Ino

25%

1,0 Ino

25%

1,0 Pallid-Ino

X ino  X ino+

25%

0,1 Wildfarbe

25%

0,1 Wildfarbe

25%

0,1 Wildfarbe

 

25%

0,1 Ino

25%

0,1 Ino

25%

0,1 Ino

 

 

 

 

 

 

 

Ino

50%

1,0 / Ino

50%

1,0 Ino

50%

1,0 Pallid-Ino

X ino  X ino

50%

0,1 Ino

50%

0,1 Ino

50%

0,1 Ino

 

 

 

 

 

 

 

 

25%

1,0 Wildfarbe

25%

1,0 / Ino

25%

1,0 / Pallid

/ Pallid

25%

1,0 / Pallid

25%

1,0 Pallid-Ino

25%

1,0 Pallid

X ino+ X ino pd

25%

0,1 Wildfarbe

25%

0,1 Wildfarbe

25%

0,1 Wildfarbe

 

25%

0,1 Pallid

25%

0,1 Pallid

25%

0,1 Pallid

 

 

 

 

 

 

 

Pallid

50%

1,0 / Pallid

50%

1,0 Pallid-Ino

50%

1,0 Pallid

X ino pd  X ino pd

50%

0,1 Pallid

50%

0,1 Pallid

50%

0,1 Pallid

 

 

 

 

 

 

 

 

25%

1,0 / Ino

25%

1,0 Ino

25%

1,0 Pallid

Pallid-Ino

25%

1,0 / Pallid

25%

1,0 Pallid-Ino

25%

1,0 Pallid-Ino

X ino   X ino pd

25%

0,1 Ino

25%

0,1 Ino

25%

0,1 Ino

 

25%

0,1 Pallid

25%

0,1 Pallid

25%

0,1 Pallid

 

 

 

Hier können Sie den Bericht als PDF Datei herunterladen.

AZ Lacewing Halsbandsittich.pdf
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