Mutationen des Schwalbensittichs               Lathamus discolor

 

Von Dirk van den Abeele                                                Übersetzt von Peter Frenger (7998)

MUTAVI, Research & Advice Group

 

Kürzlich sprach mich Geert Vankeirsbilck aus Belgien wegen Schwalbensittichen an. Er erzählte mir, dass es Mutationen dieses australischen Sittichs gibt, von denen er meint, dass sie falsch bezeichnet worden sind. Hierbei handelt es sich um zwei Mutationen, die ersten trägt den Namen Pastell und eine andere wird als Olivgrün oder Graugrün bezeichnet. Er erwähnte auch den rotbäuchigen Schwalbensittich, fügte aber hinzu, dass dieser wahrscheinlich eine Selektionsform ist aus Vögeln mit vielen roten Flecken auf dem Bauch und keine echte Mutation.

Geert´s Ziel war es, korrekte Informationen über diese Mutationen zu sammeln. Ich persönlich habe keine Erfahrung mit der Zucht des Schwalbensittichs, aber ich habe Kenntnis von der Genetik und der Federstruktur bei Psittaciden bedingt durch meine Zusammenarbeit mit MUTAVI, wo ich zusammen mit Inte Onsmann die Mutationen der Unzertrennlichen untersuche. Die folgenden Ausführungen basierten deshalb auf meiner persönlichen Kenntnis. Um diese Erkenntnisse bekräftigen zu können wurden deshalb bei MUTAVI die Federstrukturen des Schwalbensittichs untersucht. Die Kosten für diese Untersuchungen wurden übrigens von Geert Vankeirsbilck persönlich bestritten.

Das Verbreitungsgebiet des Schwalbensittichs erstreckt sich auf Südostaustralien und Tasmanien. Die Brutplätze befinden sich in Tasmanien und nach der Brutzeit über wintert der Schwalbensittich in Südostaustralien.

In Gefangenschaft schreitet der Schwalbensittich als relativ bereitwillig zur Zucht. Die Brutreife erreichen die Vögel mit etwa zwei Jahren. Hin und wieder schreiten jedoch auch jüngere Vögel zur Brut, aber bei Geert hat die Erfahrung gelehrt, dass er sinnvoll ist, abzuwarten, bis die Vögel völlig erwachsen sind.

Als Nistmaterial wird meistens eine 4 bis 5 cm dicke Schicht aus Torf oder Hobelspänen oder eine Mischung aus beiden in den Nistkasten eingebracht. Geert experimentiert schon seit zwei Jahren mit gehäxeltem Hanfstroh, weil dies angeblich mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann.

Jeden zweiten Tag wird ein weißes Ei gelegt, insgesamt 4 bis 6. Das Weibchen ist sehr unruhig im Nistkasten, bis das dritte Ei gelegt wurde. In dieser Zeit scharrt es alles durcheinander und will so wahrscheinlich die Nistmulde vertiefen.

Nach 19 Tagen schlüpfen die ersten Jungen, die beim Schlupf mit weißen Daunen bedeckt sind. Wenn die Jungen etwas großer sind und die Federn sprießen wird das Nistmaterial sehr feucht und muss regelmäßig erneuert werden (Bei größeren Gelegen normalerweise alle drei Tage). Von nun an ist es zu empfehlen, den Nistkasten etwas zu öffnen, damit er an den Innenwänden trocknen kann, und damit ausreichend Frischluft hinein gelangen kann. Dies ist sehr wichtig, weil junge Schwalbensittiche sehr schlecht höhere Temperaturen im Nistkasten ertragen können, und bereits   ab   einer   Temperatur   von   etwa   35 0C ist   die

 

Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie an Überhitzung sterben. Im Alter von 6 Wochen verlassen die Jungen den Nistkasten.

Bei Geert beginnt die Zuchtsaison etwa Ende März, und seine Vögel zweimal hintereinander. Derb Schwalbensittich ist zwar kein Raufbold, es kann jedoch während der Brut andere Gelege stören. Geert rät deshalb von einer Kolonienzucht ab.

Schwalbensittich wildfarbig
Schwalbensittich wildfarbig

Mutationen:

 

Bei MUTAVI wurden die Mutationen untersucht, die zum einen als Pastell, Zimt oder Falbe und zum anderen als Olivgrün oder Graugrün bezeichnet werden.

Um einen genauen Einblick in die Mutationen zu bekommen, ist es selbstverständlich von großer Bedeutung, dass zuerst die Wildform betrachtet wird. Auch die Federn der Wildform wurden untersucht, denn dies ist absolut nötig, um diese mit den Federn der Mutationen vergleichen zu können

 Schwalbensittich faded
Schwalbensittich faded

Die Wildform

 

Beschreibung der Spezies Lathamus discolor:

 

 

Schnabel und Nasenhaut sind hornfarbig.

Das Auge hat eine goldbraune Iris mit schwarzer Pupille.

Die Beine sind fleischfarbig mit dunklen Krallen.

Über dem Schnabel befindet sich ein roter Stirnfleck auf dem Vorderkopf, der bei den Hähnen intensiver ist als bei den Hennen. Dieser Fleck ist über dem Schnabel genau so breit wie die Schnabelbasis, wird nach hinten etwas breiter und ist etwa 4 mm breit. An diesen roten Stirnfleck schließt sich ein kobaltblauer Kopffleck mit einem Durchmesser von 1 cm an. Die Seiten des Unterschnabels werden von einem ebenfalls roten Kehlfleck umgeben, der wiederum von einem schmalen gelben Rand umsäumt wird. Diese gelben Federn erstrecken sich bis an den roten Stirnfleck und enden etwa 2 mm vor den Augen. Die grünen Wangenfedern haben einen blauen Schimmer.

Größe: Hahn etwa 25 cm; Henne etwa 23 cm.

Hinterkopf, Rücken- und Brustgefieder sind grün. Die Flügeldecken sind überwiegend grün, der obere Flügelrand ist bordeauxrot und geht bis zu den schwarzen Schwungfedern in kobaltviolett über. Die Schwungfedern haben einen feinen grünlich-gelben Rand. Auf der Oberseite der Flügeldecken, zum Rückengefieder hin befindet sich ein kleiner roter Fleck, der manchmal gelb umsäumt sein kann. Das Bürzel und die Oberschwanzdeckfedern sind grün. Die äußeren kleinen Schwanzfedern sind schwarz mit blauen Außenfahnen. Die beiden mittleren Schwanzfedern sind bordeauxrot mit schwarzer Spitze. Das Unterflügeldeckgefieder ist rot. Das Steißgefieder ist bei den Hähnen rot und bei den Hennen mehr grünlich.

Wenn man den Flügel ausbreitet, erkennt man, dass die blauen Federn am Flügelrand aus den mittleren primären Flügeldeckfedern gebildet werden. Diese Federn sind kobaltfarbig und gehen zum äußeren Rand hin in violett und schwarz über und sind unsichtbar, wenn die Flügel geschlossen sind. Die kleinen Schwungfedern sind schwarz mit grünlichen Außenfahnen.

Die Anwesenheit blauer Federn deutete darauf hin, dass es sich um Strukturfedern handelt.

Die Tatsache, dass bei der Wildform nicht ein hellblaues Federchen (nur Kobalt und violett) zu finden ist, und dass der allgemeine Eindruck des grünen Gefieders einen violetten Anflug erkennen lässt, deutet darauf hin, dass die Kästchenzellen dieser Federn eine violette Influenz erzeugen, anstatt der blauen Influenz bei den meisten anderen Vögeln. Das heißt, eine Blaustruktur mit violett reflektierenden Eigenschaften. Aber das sind nur Vermutungen die noch untersucht werden müssen.

Bei allen untersuchten blauen Flügelfederchen des Schwalbensittichs wurde deutlich eine Kästchenzellenschicht festgestellt, in der das Blau durch Interferenz erzeugt wird. Gelbes Psittacin fehlt hier völlig.

Schwalbensittich faded
Schwalbensittich faded

Mutation 1

(zurzeit allgemein bekannt als Pastell)

 

Laut Literatur ist diese Mutation im Jahre 1982 entstanden und vererbt autosomal rezessiv. Die Vögel werden mit roten Augen geboren, die sich dann nach dunkelbraun umfärben. Auf den ersten Blick besteht kein Unterschied zwischen der Iris und der Pupille, aber wenn man genau hinsieht erkennt man einen, wenn auch geringen Unterschied. Die blauen Federn sind weniger glänzend und matter als die der Wildform. Die grüne Körperfarbe ist mehr gelblich grün, wobei die größte Verdünnung auf der Vorderseite zu erkennen ist und die Krallen sind hellgrau. Die Schwungfedern sehen eher grau-braun aus, sicherlich nicht so tief schwarz wie bei der Wildform. Die roten Gefiederpartien sind unverändert.

Die gebräuchliche Bezeichnung für diese Mutation ist Pastell, manchmal allerdings auch Zimt oder Falbe. Es ist sicher, dass bei dieser Mutation die Melanine verdünnt werden. Unsere Vermutung ging dahin, dass es sich hier nicht um eine Veränderung der Melaninfarbe in Richtung braun handelt sondern eher um eine Verdünnung in Richtung dunkelgrau. Die Tatsache, dass diese Mutation autosomal rezessiv vererbt schließt die Bezeichnung Zimt aus; Zimt ist eine Mutation, die auf dem X-Chromosom liegt und geschlechtsgebunden rezessiv vererbt. Die Mutation Falbe vererbt autosomal rezessiv und behält auch im Alter immer die typischen roten Augen.

Nach weiteren Untersuchungen bei MUTAVI konnten wir diese Mutation schließlich als Faded einordnen. Dies haben die elektronenmikroskopischen Untersuchen der Federquerschnitte deutlich gezeigt. (Faded ist eine seltenere Mutation, die es auch vom Wellensittich gibt.) Die Mutation Faded steht sowohl für eine qualitative als auch für eine quantitative Melaninreduktion des Gefieders, wobei die größte Reduktion in den Federhäkchen und weniger in den Federästen stattfindet. Die Federquerschnitte diese Schwalbensittichmutation konnten bei MUTAVI auch mit denen des faded Wellensittichs verglichen werden. Auch die Tatsache, dass der faded Wellensittich mit roten Augen geboren wird, die nach einigen Tagen dunkelbraun werden, dass die Iris weniger gut sichtbar ist als bei der Wildform und die deutliche Aufhellung auf der Vorderseite bestätigen dass es sich um eine Faded-Mutation handelt. Diese Mutation kann also definitiv Faded getauft werden.

Schwalbensittich misty
Schwalbensittich misty

Mutation 2

(zurzeit allgemein bekannt als Oliv oder Dunkelgrün)

 

Diese Mutation entstand vor ein paar Jahren irgendwo in BENELUX und sie vererbt co-dominant gegenüber der Wildfarbe. Auf den ersten Blick könnte man hier wirklich annehmen, es mit einem olivgrünen Vogel zu tun zu haben. Wir wissen alle, dass Olivgrün für einen grünen Vogel

 

 

Schwalbensittich misty

mit zwei Dunkelfaktoren steht. Diese Dunkelfaktoren verändern die Dicke der Kästchenzellenschicht so, dass sie dünner wird und wir dunkelgrün und olivgrün (1 oder 2 Dunkelfaktoren) bekommen. Bei blauen Federn gibt es hellblau (ohne Dunkelfaktor), kobalt (mit einem Dunkelfaktor) und mauve (mit zwei Dunkelfaktoren). Die allgemeine Gefiederfarbe ist dennoch olivfarbig, jedoch wenn man die blauen Gefiederteile genauer anschaut, erkennt man, dass diese nicht nach mauve mutiert sind (die geschieht, wenn zwei Dunkelfaktoren vorhanden sind) sonder eher blass kobalt gefärbt sind.

Durch die Tatsache, dass es hier keine deutlich erkennbare Zwischenfarbe (Dunkelgrün) gibt, und dass die blauen Federn eher etwas matter gefärbt sind und sich nicht nach mauve verändern konnten wir die Anwesenheit von Dunkelfaktoren ausschließen und deshalb war die Bezeichnung Olivgrün nicht richtig.

Manchmal wird auch die Bezeichnung Graugrün für diesen Farbschlag gebraucht. Bei graugrünen Vögeln haben die Federn weder eine Kästchenzellenschicht noch klar erkennbare Vacuolen. Deshalb sind Vögel ohne gelbes Psittacin in der Rindenschicht (Vögel der Blaureihe) grau gefärbt. Wenn jedoch gelbes Psittacin vorhanden ist (Vögel der Grünreihe), erhält man die graugrüne Variante. Die blauen Gefiederpartien bei dieser Mutation bleiben jedoch blau. Das ist der Grund, warum man den Graufaktor ausschließen kann ebenso wie die Bezeichnung Graugrün.

Schwalbensittiche  links: misty             rechts: wildfarbig
Schwalbensittiche links: misty rechts: wildfarbig

Welche Mutation ist es dann?

 

Wir vermuteten, dass es sich um die Mutation handelt, die zurzeit Misty genannt wird. Unsere Vermutungen wurden durch die Untersuchungen bei MUTAVI bestätigt: Bei der Misty-Mutation wird das Eumelanin in der Rindenschicht stark reduziert, nicht jedoch im Federkern.

Der Misty-Effekt wird also offensichtlich erreicht durch die Verminderung von Eumelanin in der Rindenschicht. Die Misty-Mutation ist demnach beschränkt auf die Arten bei denen tatsächlich Eumelanin in der Rinderschicht vorhanden ist. Die Pigmentation des Federkerns ist etwas „wolliger“ als bei der Wildform. Auch sieht es so aus als ob die Federhäkchen weniger gut entwickelt und kleiner sind, was zu dem Effekt einer dominanten Mutation passt. Es ist nämlich so, dass dominante Mutationen oft einen strukturellen Defekt zeigen und rezessive Mutationen in die chemischen oder hormonellen Prozesse eingreifen.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass nicht nur mikroskopische, sondern auch makroskopische Untersuchungen vorgenommen werden um die phänotypischen Effekte besser beurteilen zu können.

Zurzeit war diese autosomal rezessiv vererbende Mutation nur von Agapornis nigrigenis und Halsbandsittichen (Psittacula krameri) bekannt. Einfaktorige Vögel lassen einen blassen, nur schwach verdünnten Phänotyp erkennen. Bei dieser Vogelart ist der Unterschied zwischen einfaktorigen und wildfarbigen Vögeln nur sehr gering. Der Unterschied wird deutlicher im Vergleich mit doppelfaktorigen Vögeln. Es gibt also einen Misty Schwalbensittich.

Hiermit will ich die Gelegenheit nutzen um Geert zu danken. Seine Initiative ist lobenswert. Er ergriff die Initiative um die Wahrheit herauszufinden und stellt das Geld zur Verfügung um diese Untersuchungen zu ermöglichen.

Unglücklicher Weise erfinden Liebhaber oft irreführende Bezeichnungen für neue Mutationen,

 

weil sie glauben: Was man sieht ist es auch. Man darf nicht vergessen, dass die äußere Erscheinung eines Vogels uns oft irreführt. Manchmal sieht eine neue Mutation aus wie Zimt, aber ist es oft nicht, oder die Leute erfinden einen beliebigen Namen. Das ist absolut falsch.

Man sollte sich nach Möglichkeit an die internationalen Absprachen und Regeln halten. Weiterhin ist es von äußerster Wichtigkeit, dass der gleiche Name für die jeweilige Mutation bei den unterschiedlichen Psittaciden gebraucht wird. Neue Namen müssen auf Basis der Untersuchungen der Federstruktur und der Genetik gewählt werden. Klare und korrekte Informationen sind die Zukunft der Zucht. Die Vergangenheit hat schon mehr als einmal gezeigt, dass der Gebrauch falscher Bezeichnungen, oder unterschiedliche Bezeichnungen für genau die gleiche Mutation und falsche Informationen, große Verwirrungen auslösen und deshalb das Ende des Hobbys für manche Züchter bedeuten kann.

Ein Tipp an Spezialclubs und Vereinigungen: Mit einem relativ kleinen Budget kann man solche Untersuchungen bei MUTAVI finanzieren. Vernünftige Untersuchungen können Verwirrungen vermeiden und bei undurchsichtigen Mutationen einiges aufklären, warum also nicht etwas Geld für solche Untersuchungen spenden?

Der BVA (Belgische Agaporniden Vereinigung) hat bereits damit begonnen alle Mutationen der A. roseicollis und einige der A. fischeri zu untersuchen. Die aus diesen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse wurden dafür verwendet, Mutationen richtig zu bezeichnen oder umzubenennen. Die Absicht ist selbstverständlich, eine einheitliche Namensgebung der Mutationen in der Agapornidenwelt zu erreichen. Darum kann jeder, den diese Sache interessiert, die Informationen unentgeltlich erhalten. Eine enge Zusammenarbeit mit allen Vereinen ist das Wichtigste. Unglücklicherweise verstehen noch nicht alle Vereine die Wichtigkeit dieser Thematik. Schade für die Mitglieder, die solchen Vereinen angeschlossen sind, denn diese sind die Opfer der Uneinsichtigkeit ihrer Vorstandsmitglieder.

Geert´s Absicht war klar; er wollte die richtigen Bezeichnungen für seine Mutationen herausfinden. Hoffentlich versteht jeder die Wichtigkeit hierbei und gebraucht künftig die richtigen Bezeichnungen für diese Mutationen.

 

Wenn Sie etwas Neues über Schwalbensittiche haben oder mit Geert hierüber Kontakt aufnehmen wollen können Sie sich unter folgender Adresse an Geert wenden:

 

Geert Vankeirsblick, Noordkouter 62, B 8560 Moorsele.

 

Dirk Van den Abeele

http://www.agapornis.be

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